Untersuchungshaft
Die Untersuchungshaft stellt eine einschneidende Maßnahme für alle Betroffenen dar. Sie darf gemäß § 112 Abs. 1 S. 1 Strafprozessordnung (StPO) gegen einen Beschuldigten angeordnet werden, wenn er einer Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Haftgründe können nach § 112 Abs. 2 StPO unter anderem Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr sein. Bei dem dringenden Tatverdacht eines Kapitalverbrechens wie Mord oder Totschlag darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 StPO nicht besteht. Sowohl der Beschuldigte, als auch dessen Angehörige werden im Regelfall zum ersten Mal mit der Situation umgehen müssen, dass die betroffene Person aufgrund eines Haftbefehls ohne rechtskräftige Verurteilung innerhalb weniger Stunden in Haft muss. Dieser Umstand wirft für alle Beteiligten zahlreiche Probleme auf.
Verhaftung – Vorführung – Untersuchungshaft
Nach der Verhaftung hat der Beschuldigte ein Recht darauf, unverzüglich einen Angehörigen oder eine Vertrauensperson zu benachrichtigen, sofern bzgl. einer bestimmten Person nicht die Ermittlungen gefährdet werden (§ 114c Abs. 1 StPO). Eine Kontaktaufnahme ist also möglich und auch erforderlich, um wichtige Dinge schnellstmöglich regeln bzw. in die Wege leiten zu können. Vor allem die Mitteilung, wo sich der Beschuldigte befindet, ist für die Bezugspersonen besonders wichtig zu wissen. Sollten diese nicht wissen, wo sich die festgenommene Person derzeit aufhält, weil der Kontakt beispielsweise nicht zustande gekommen ist, muss der Aufenthaltsort über die Polizei, das zuständige Amtsgericht oder die Staatsanwaltschaft in Erfahrung gebracht werden. Im Zweifelsfall sollte ein Rechtsanwalt mit der Klärung beauftragt werden, sofern der Beschuldigte nicht bereits anwaltlich vertreten wird. Wenn nach der Vorführung vor dem Haftrichter Untersuchungshaft angeordnet wird, bestimmt der Haftrichter zugleich, in welcher Justizvollzugsanstalt der Beschuldigte inhaftiert wird. Der Beschuldigte kann jederzeit einen Verteidiger seiner Wahl und seines Vertrauens zu benennen. Tut er dies nicht, wird ein Pflichtverteidiger vom Gericht ausgewählt, da aufgrund der Vollstreckung der Untersuchungshaft ein Fall der sog. notwendigen Verteidigung im Sinne von § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO vorliegt.
Besuch in der Justizvollzugsanstalt
Untersuchungsgefangene dürfen in der Justizvollzugsanstalt nur Besuch mit einer entsprechenden Erlaubnis empfangen, die entweder vom zuständigen Staatsanwalt oder dem Haftrichter auf schriftlichen Antrag erteilt wird. Wer dafür im Einzelfall zuständig ist, kann bei der Staatsanwaltschaft oder beim zuständigen Amtsgericht erfragt werden, sofern dies nicht schon dem Verteidiger bekannt ist. Besuche von nahen Verwandten wie Eltern, Ehegatten und Kindern werden im Regelfall genehmigt, sofern die Ermittlungen dadurch nicht gefährdet werden. Damit mehrere Besuche möglich sind, sollte eine Dauerbesuchserlaubnis beantragt werden. Der gleichzeitige Besuch mehrerer Personen muss ebenfalls im schriftlichen Antraggesuch genannt werden, sofern dies gewünscht ist. Wie viele Personen den Beschuldigten gleichzeitig besuchen dürfen, ist in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten unterschiedlich geregelt und sollte vorab telefonisch erfragt werden. Soll bei dem Besuch in einer anderen Sprache als deutsch gesprochen werden, muss auch dieser Umstand im Besuchsantrag angegeben werden. Es wird dann die Hinzuziehung eines vereidigten (!) Dolmetschers als Bedingung an den Besuch geknüpft, dessen Kosten der Besucher zu tragen hat. Ob ein Dolmetscher vom Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft beauftragt wird oder man sich selbst um einen Dolmetscher kümmern muss, sollte auch erfragt werden. Je nach Sprache sind vereidigte Dolmetscher nicht immer in unmittelbarer Nähe der Justizvollzugsanstalt verfügbar und müssen gegebenenfalls aus größerer Entfernung anreisen, was die Kosten dann erhöht. Die Besuche werden mindestens optisch überwacht, in gewissen Fällen auch akustisch, vor allem im Falle einer notwendigen Übersetzung.
Wann und wie oft man den Beschuldigten besuchen darf, ist in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten aufgrund der Personal- und Raumkapazitäten unterschiedlich geregelt. Die jeweiligen Besuchstage- und Zeiten sollten daher im Vorfeld bei der jeweiligen Justizvollzugsanstalt telefonisch erfragt werden. Üblicherweise beträgt die Dauer eines Besuchs 30 Minuten. Längere und öftere Besuchszeiten können beim zuständigen Haftrichter beantragt werden, bedürfen aber der Darlegung entsprechender Gründe, beispielsweise die weite Anreise oder Abwicklung dringender Angelegenheit, die nicht schriftlich erfolgen können.
Die Besucher haben in der Justizvollzugsanstalt die Besuchserlaubnis und einen gültigen Ausweis vorzulegen. Es findet eine genaue Sicherheitskontrolle statt und wegen begrenzter Personal- und Raumkapazitäten müssen Wartezeiten in Kauf genommen werden. Die Übergabe von Gegenständen ist meist schon in der Besuchserlaubnis untersagt worden. Üblicherweise können in der Justizvollzugsanstalt Getränke, Süßigkeiten und Zigaretten aus Automaten im Besucherbereich erworben werden, die dann dem Betroffenen übergeben werden dürfen.
Kommunikation
Telefongespräche des Betroffenen oder an den Betroffenen werden nur in Ausnahmefällen nach Antrag zugelassen, vor allem wenn der Beschuldigte keine Besuche empfangen kann, weil seine Angehörigen im Ausland leben. Er kann jedoch unbegrenzt Briefe schreiben und auch empfangen. Allerdings wird jeder ein- und ausgehende Brief geöffnet und von der Staatsanwaltschaft oder dem Haftrichter im Wege der Briefkontrolle gelesen, bevor er dem Betroffenen übergeben bzw. an den Empfänger weitergeleitet wird (ausgenommen unter anderem Verteidigerpost). Briefe, in denen es auch um den entsprechenden Tatvorwurf geht, können als Beweismittel beschlagnahmt werden. Briefe mit Inhalten, die die Ordnung der Justizvollzugsanstalt stören oder den Haftzweck gefährden können, werden ebenfalls nicht weitergeleitet. Sollte der Brief in einer anderen Sprache als deutsch verfasst sein, wird dieser zudem übersetzt, was eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann.
(© und Autor: Loubal)
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